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Hoffnung für Kurzsichtige: Zahlt die Versicherung das Augenlasern?

18. April 2017 – Keine nervige Brille, keine brennenden Kontaktlinsen: Augenlasern ist die Lösung für alle, die sich nicht mit ihrer Kurzsichtigkeit abfinden wollen. Gesetzlich Versicherte müssen die Operation selbst bezahlen. Doch Privatpatienten springt jetzt der BGH zur Seite. 

Kontaktlinsen brennen in den Augen und die Brille ist unpraktisch oder sieht einfach nicht aus. Augenlasern wäre eine gute Lösung. Wenn da nur die Kosten nicht wären. Abhängig vom jeweiligen Verfahren und der Fehlsichtigkeit muss man zwischen 800 und 2500 Euro kalkulieren – pro Auge. Müsste diese Ausgaben nicht die Krankenversicherung übernehmen?

Für gesetzlich Versicherte lautet die Antwort: leider nein. Die Krankenkassen müssen nur Behandlungen bezahlen, die medizinisch notwendig sind. Augenlasern fällt da in die gleiche Kategorie wie Schönheitsoperationen. Schließlich können sich Betroffene mit Brillen oder Kontaktlinsen behelfen, so das Argument. Selbst Sehhilfen bezahlen die Kassen erst ab einer Fehlsichtigkeit von sechs Dioptrien beziehungsweise vier Prozent bei einer Hornhautverkrümmung. Nur wenn Brillen und Kontaktlinsen nachweislich unverträglich sind, haben gesetzlich Versicherte eine Chance, dass sich die Kasse an der Operation beteiligt. Ohne vorherige Gerichtsverhandlung ist das aber unrealistisch.

In alten Tarifen nicht geregelt

Und wie sieht es bei den privaten Krankenversicherern aus? Bessere Tarife übernehmen bekanntlich auch Leistungen, die bei der gesetzlichen Krankenversicherung unter “überflüssiger Luxus” laufen. Beim Augenlasern war die Lage bislang aber etwas unübersichtlich. In älteren Verträgen, die vor Einführung der Unisex-Tarife Ende 2012 abgeschlossen wurden, sind solche Operationen oft gar nicht erwähnt. Lasik ist schließlich eine recht junge Methode und war damals noch kein großes Thema. Wenn Kunden später nach entsprechenden Operationen fragten, lehnten die meisten Anbieter ab. Sie argumentierten dabei wie die gesetzlichen Kassen: Die OP sei medizinisch nicht notwendig. Fehlsichtigkeit könne schließlich durch eine Brille korrigiert werden.

Mit dieser Argumentation sind die Versicherer in der Vergangenheit aber nicht immer durchgekommen und viele sind inzwischen auch großzügiger. Die Rechtsprechung war bis dato uneinheitlich. Einige Gerichte vertraten die Ansicht, dass die Operation eine versicherte Leistung ist. Die Brille behebe lediglich die Symptome, die Versicherten hätten aber einen Anspruch darauf, dass ihre Krankheit kuriert werde, soweit das eben möglich ist. Dass die Brille die günstigere Variante ist, ließ beispielsweise das Landgericht Frankfurt/Oder nicht gelten (Az.: 6 a S 198/11). Versicherungen müssten nicht die wirtschaftlichste Variante erstatten, sondern die Behandlung, die medizinisch notwendig sei.

In den neueren Unisex-Verträgen gibt es oft klare Regelungen. Manche davon sind großzügig. Axa, DBK oder LBK übernehmen beispielsweise 100 Prozent der Behandlungskosten. Andere Anbieter setzen Limits. Die Hanse Merkur beispielsweise erstattet gerade mal 260 Euro pro Auge, Union und Arag ziehen die Grenze bei 1000 Euro und die dürfen auch nur einmal während der gesamten Vertragslaufzeit abgerufen werden. Verschlechtert sich die Sehkraft später nochmal, müssen die Kunden also selbst zahlen. Manchmal gibt es auch Wartezeiten von zwei oder drei Jahren nach Versicherungsbeginn.

Neues BGH-Urteil schafft Klarheit

Immer noch gibt es aber viele Tarife, in denen die Augen-OPs gar nicht extra erwähnt werden. Und manchmal ist das auch besser so, wie beispielsweise der Versicherungsmakler Sven Henning in seinem Blog zur Privaten Krankenversicherung ausführt. Wenn es keine besondere Regelung gibt, bleiben schließlich Spielräume. Und die hat der Bundesgerichtshof gerade wieder bestätigt (Az.: IV ZR 533/15).

Im verhandelten Fall hatte eine Versicherungskundin auf einem Auge minus 3 Dioptrien, auf dem anderen minus 2,75. Sie ließ ihre Augen erfolgreich lasern und reichte die Rechnung anschließend bei der Versicherung ein. Doch die wollte nicht zahlen und bekam in den beiden ersten Instanzen auch recht. Das Argument des zugrundeliegenden Gutachtens: Bei Menschen im mittleren Alter sei Kurzsichtigkeit ganz normal, 30 bis 40 Prozent von ihnen seien davon betroffen. Von einer Krankheit könne man aber erst sprechen, wenn der körperliche Zustand “nicht dem normalen Entwicklungs- oder Alterungsprozess” entspreche. Die Frau hätte also deutlich fehlsichtiger sein müssen als der Durchschnitt. Pathologisch sei Fehlsichtigkeit nach internationalen Standards erst ab minus 6 Dioptrien, so der Sachverständige.

Doch auf diese Argumentation wollte sich der Bundesgerichtshof nicht einlassen. Beim Krankheitsbegriff in den Versicherungsbedingungen komme es nicht auf die Definition durch medizinische Fachkreise an, sondern darauf, was der durchschnittliche Versicherungsnehmer darunter verstehe. Und für diesen gehöre zur “normalen” Sehfähigkeit eben beschwerdefreies Lesen und eine gefahrenfreie Teilnahme am Straßenverkehr.

Auch den Einwand der Versicherung, mit einer Brille sei der Frau doch geholfen, ließ der BGH nicht gelten. Brillen und Kontaktlinsen seien lediglich Hilfsmittel, um das körperliche Defizit auszugleichen. In den Versicherungsbedingungen sei aber keine Rede davon, dass sich Versicherte mit solchen Hilfsmitteln begnügen müssten. Die Frau könne verlangen, dass ihr eigentliches Leiden verbessert werde. Wie viel die Versicherung letztlich bezahlen muss, wird nun das Berufungsgericht zu klären haben.

Erst fragen, dann lasern

Kann sich jetzt also jeder Privatversicherte auf Kosten der Versicherung die Augen lasen lassen? So einfach ist es nun auch wieder nicht, warnt der Versicherungsmakler Henning: “Eine medizinische Notwenigkeit muss vorliegen”. Und ob beispielsweise eine Lasekorrektur bei einer Fehlsichtigkeit von weniger als minus einer Dioptrie medizinisch wirklich notwendig ist, klärt man besser schon im Vorfeld mit der Versicherung.

Wer die OP unbedingt durchziehen will und nicht erst auf ein Okay von der Versicherung warten möchte, sollte darauf achten, dass die Rechnung von einem Arzt ausgestellt ist und nicht von einem kommerziellen Augenlaserzentrum. Denn hier könnte sich die Versicherung berechtigterweise querstellen. Hoffnung gibt es nun auch für all jene, die in der Vergangenheit abgeblitzt sind und das Lasern deshalb aus eigener Tasche finanziert haben. Rechnungen ab dem Jahr 2014 sind noch nicht verjährt. Und mit dem BGH-Urteil im Rücken gibt es jetzt eine neue Argumentationsgrundlage.

Quelle: n-tv.de

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